Was ist Nachtragsmanagement [Bau]?
von Thomas Risch,
In unserem Blog für Baurecht geht es immer wieder ums „Nachtragsmanagement“
Und wir bieten ein Online-Seminar im „Nachtragsmanagement“ an.
Häufig hört man dafür auch die Begriffe „Claims Management“, „Claim Management“ oder „Nachforderungsmanagement“, welche im Zusammenhang mit einer „Nachtragsofferte“ stehen.
Was aber bedeuten diese Begriffe überhaupt?
Inhalt
Claim Management
Der Ausdruck „Claim Management“ stammt aus dem Englischen. Auf Deutsch heisst „Claim“ nichts anderes als „Forderung“.
Eine Forderung ist ein klagbares Recht auf Leistung. Leistet der Schuldner nicht, so kann der Gläubiger eine Forderung vor Gericht durchsetzen und hat ein Recht auf Vollstreckung des Urteils. Damit eine solche Forderung entsteht, braucht es eine Anspruchsgrundlage, etwa:
- Vertrag (Art. 1 OR ff.);
- Unerlaubte Handlung (Art. 41 ff. OR; «Schadenersatz»); oder
- Ungerechtfertigte Bereicherung (Art. 62 ff. OR).
«Claim Management» bedeutet in diesem Zusammenhang also die Führung, Leitung und geschickte Behandlung von vertraglichen und ausservertraglichen Forderungen.
Solche Forderungen betreffen nicht nur das Bauwesen resp. den Bauwerkvertrag, sondern sämtliche Rechtsverhältnisse einer Unternehmung. Der Begriff ist also sehr weit gefasst.
Nachtrag nach SIA-118
In der Praxis werden Nachträge gestellt, wenn im Zuge der Bauausführung eine Anpassung der Leistung, des Werkpreises oder der Termine erforderlich erscheint. Oft ist auch von einer „Nachforderung“ oder einer „Nachtragsofferte“ die Rede.
Juristisch sind dabei zwei Elemente zu unterscheiden:
- Forderung / Claim: Die Forderung auf Anpassung der Leistung, der Preise oder Termine bedarf immer einer Anspruchsgrundlage. Im Kontext von Bauwerkverträgen kommen etwa Bestellungsänderungen, Säumnis des Bauherrn oder Beschleunigungsmassnahmen in Frage.
- Einigung über Forderung: Können sich die Parteien über den Umfang der Forderung einigen, dann halten sie dies in einer schriftlichen Vertragsergänzung fest, dem sog. „Nachtrag“ («Genehmigt» oder «Gut zur Ausführung»). Können sich die Parteien nicht einigen, entscheidet das Gericht über die Forderung.
Nachträge dienen also dazu, Nachforderungen in Form einer Vertragsergänzung zu bereinigen und somit die Rechtssicherheit wieder herzustellen.
Der Vollständigkeit halber sei hier erwähnt, dass die SIA-Norm 118 den Begriff „Nachtrag“ nicht verwendet. Die Rede ist lediglich von „Nachtragspreisen“ im Zusammenhang mit Bestellungsänderungen nach Art. 84 ff. SIA-Norm 118.
Herausforderungen im Nachtragsmanagement
Schwierigkeiten werden regelmässig erst dann sichtbar, wenn sich die Parteien nicht auf einen Nachtrag einigen können. Dies kann verschiedene Ursachen haben. Also zum Beispiel:
- Der Baustart verschiebt sich. Der Unternehmer muss kurzfristig umdisponieren, Mitarbeiter können nicht beschäftigt werden, Maschinen stehen ungenutzt herum. Der Unternehmer stellt einen Nachtrag, aber der Bauherr lehnt ihn ab.
- Kurz vor Ausführung soll plötzlich ein Steinboden statt des bestellten Parketts eingebaut werden. Der Unternehmer stellt hastig einen Nachtrag. Dann stellt sich heraus, dass der Bauherr gemäss Vertrag 60 Tage Zeit zur Prüfung des Nachtrags hat.
- Die Arbeit des Vorunternehmers ist mangelhaft. Der Unternehmer kann nicht weitermachen, ohne dass es einen Pfusch gibt, nur die Bauleitung hört nicht zu.
Und was geschieht jetzt?
Von den nächsten Schritten hängt alles ab. Wer seine Ansprüche bewahrt – oder nicht. Ob es zu Folgekosten kommt – oder nicht. Das sind Entscheide, die nicht rückgängig gemacht werden können und es steht einiges auf dem Spiel.
Die Erfahrung zeigt, dass die Folgen aus Streitigkeiten schnell mehr kosten können als die streitige Nachtragsforderung selbst. Eine Konsequenz, die weder für den Bauherrn noch für den Unternehmer erstrebenswert sein kann.
Und doch gibt es eine Reihe von Lösungsversuchen, die regelmässig scheitern und trotzdem weit verbreitet sind.
Dazu mehr im nächsten Beitrag.
Häufige Fragen zum Nachtragsmanagement
Das Nachtragsmanagement bezieht sich auf die Führung, Leitung und Behandlung von vertraglichen und allenfalls ausservertraglichen Forderungen im Zusammenhang mit Bauprojekten. Dies umfasst Anpassungen von Leistungen, Preisen oder Terminen, die im Laufe der Bauausführung erforderlich werden.
Ein „Nachtrag“ ist im Bauwesen eine schriftliche Vertragsergänzung, welche die Einigung der Parteien über den Umfang einer nachträglichen Forderung festhält. Dies dient dazu, Nachforderungen zu bereinigen und somit die Rechtssicherheit wieder herzustellen.
Die SIA-Norm 118 „Allgemeine Bedingungen Bau“ wird vom Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein herausgegeben und ist die wohl wichtigste Werkvertragsgrundlage der Schweizer Bauwirtschaft. Sie enthält diverse Anspruchsgrundlagen, welche den Unternehmer zu nachträglichen Forderungen berechtigen. Sie kommt allerdings nur zur Anwendung, wenn die Parteien dies im Werkvertrag so vereinbart haben.
Lernen Sie, Nachträge rechtssicher durchzusetzen und und abzuwehren
67 % aller Bauforderungen werden vor dem Handelsgericht Zürich abgewiesen. Bleiben die Abläufe so, wie sie sind, wird sich diese Quote auch in Zukunft nicht verbessern. Es ist also ein Umdenken erforderlich.
In den E-Learnings von Risch Baurecht werden die wesentlichen Elemente des fairen Nachtragsmanagements praxisnah erläutert und das Wissen mit regemässigen Lernkontrollen vertieft. Dank Checklisten und Vorlagen kann das Erlernte direkt in der Baupraxis umgsetzt werden. Damit wird sichergestellt, dass Rechte nicht bereits in der Bauphase untergehen.
Für eine methodische Einhaltung der rechtlichen Anforderungen in der Baupraxis folgt die Gliederung der "APB-Methode". Diese beginnt beim Erkennen der anwendbaren Anspruchsgrundlage (A), über die Einhaltung des erforderlichen Prozederes (P), bis hin zur baubegleitenden Beweissicherung (B).
Mit den E-Learnings kann das erforderliche Wissen sehr rasch und von überall aus vermittelt werden. Sie sind daher ideal für Bauherren, Unternehmer Architekten und besonders praktisch in der Mitarbeiterschulung.
Jetzt E-Learnings zum Nachtragsmanagement buchen:
Beitrag teilen:
Kurse für Bauprofis
Endecken Sie unsere E-Learnings nach Projektphasen. MIt konkreten Schritt für Schritt Anleitungen für Baubeteiligte.
Anwalt benötigt?
Lassen Sie sich direkt beraten