Pauschalpreis nach SIA-118 im Werkvertrag – Was ist enthalten?
von Thomas Risch,
Der Pauschalpreis ist einer von verschiedenen Preisarten nach SIA-118. Die Preisarten unterscheiden sich im Wesentlichen danach, ob der Besteller den Aufwand des Unternehmers bezahlt oder das Ergebnis, das der Unternehmer mit seinem Aufwand erzielt. Die Unterscheidung spielt im Hinlick auf Bestellungsänderungen und Nachträge oft eine entscheidende Rolle.
Inhalt
Preisarten im Werkvertrag nach SIA-118
Beim Regiepreis nach Art. 44 ff. SIA-118 vergütet der Bauherr den Aufwand des Unternehmers nach Regietarifen. Dies hat den Vorteil, dass die Bauleistung im Voraus noch nicht so präzis bestimmt sein muss, wie etwa in einem Global- oder Pauschalpreis. Allenfalls kann der Regiepreis mit einem Kostendach verbunden werden.
Der Einheitspreis nach Art. 39 SIA-118 ist ein fester Preis pro ausgeführte Einheit. Demzufolge müssen die ausgeführten Mengen regelmässig gewogen, gezählt oder gemessen werden, um daraus den Werkpreis ableiten zu können. Für den späteren Beweis sind die Parteien verpflichtet, das Ergebnis dieser regelmässigen Prüfungen in sog. „Ausmassurkunden“ festzuhalten. Ob dafür auf die tatsächlichen oder auf die theoretischen Mengen abzustellen ist, das ergibt sich aus dem Vertrag. Für die Preisbildung spielt der Aufwand des Unternehmers somit keine Rolle. Im Vergleich zum Regiespreis fördert der Einheitspreis die Kostensicherheit und Transparenz.
Beim Globalpreis nach Art. 40 SIA-118 verpflichtet sich der Unternehmer, die vereinbarte Werkleistung zu einem Festpreis auszuführen. Globalisiert wird wohlgemerkt der Werkpreis, nicht jedoch die Werkleistung. Das Besondere am Globalpreis liegt darin, dass die „schlichten Mengenabweichungen“ im Preis enthalten sind und nicht zu einer Preisanpassung berechtigen. Daher entfällt die Aufnahme der ausgeführten Mengen, wie dies beim Einheitspreis erforderlich ist.
Der Pauschalpreis nach Art. 41 SIA-118 ist ein Globalpreis, bei dem die Teuerung bis zum vertraglichen Abnahmetermin eingerechnet ist.
„Schlichte Mengenabweichungen“ sind im Pauschalpreis enthalten
Schlichte Mengenabweichungen ergeben sich aus der Differenz zwischen dem Vorausmass und den tatsächlich ausgeführten Mengen. Während Mengenabweichungen beim Einheitspreis ausgemessen werden und somit preisrelevant sind, werden sie beim Pauschalpreis nicht ausgemessen. Sie sind also nicht preisrelevant.
Dass „schlichte Mengenabweichungen“ im Pauschalpreis enthalten sind, ist folglich nicht das Ergebnis einer besonderen Vereinbarung. Das ergibt sich bereits daraus, dass sich der Pauschalpreis auf das vertraglich vereinbarte (Plan-)Ergebnis bezieht und sich der Preis demzufolge unabhängig von den ausgeführten Mengen bestimmt.
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Nach Art. 40 Abs. 2 i.V.m. Art. 41 Abs. 2 SIA-118 ist der Unternehmer verpflichtet, die Mengenangaben in den Ausschreibungsunterlagen zu überprüfen. Daraus folgt, dass es für die Mengenabweichungen im Pauschalpreis nicht auf die Rangfolgenregelung im Vertrag ankommt. Geht das Leistungsverzeichnis den Plänen vor (wie dies z.B. in Art. 7 i.V.m. Art. 21 SIA-118 der Fall ist), dann ist dies lediglich für die Bestimmung der Werkleistung von Bedeutung. Für die Preisbestimmung bleibt es hingegen dabei, dass sich der Pauschalpreis inkl. der schlichten Mengenabweichungen versteht.
Schlichte Mengenabweichungen berechtigten den Unternehmer also nicht zu einem Nachtrag aus Bestellungsänderung. Das gilt unabhängig von der Preisart. Gehen falsche Mengenangaben aber auf ein Verschulden des Bauherrn zurück und sind diese aufgrund eine Pauschalpreises zum Vertragsbestandteil geworden, kann der Unternehmer allenfalls einen Mehrvergütungsanspruch aus Art. 58 Abs. 2 SIA-118 ableiten (Baubehinderung wegen besonderen Verhältnissen, siehe dazu z.B. unseren Leitfaden zur APB-Methode).
Bestellungsänderung ist nicht im Pauschalpreis enthalten
In der Praxis führt die Frage oft zu Diskussionen, ab wann im Pauschalpreis eine Bestellungsänderung zulässig ist. Häufig wird die irrige Auffassung vertreten, Mengenabweichungen bis 10% oder 20% seien im Pauschalpreis enthalten.
Dabei handelt es sich wohl um eine Verwechslung mit Art. 86 SIA-118, wonach Mengenabweichungen von +/-20% zu einer Anpassung des Einheitspreises berechtigen. Hier handelt es sich allerdings um eine Preisänderung, nicht um eine Bestellungsänderung. Zudem kommt diese Klausel nur beim Einheitspreis zur Anwendung, nicht jedoch beim Pauschalpreis.
Somit ist zu präzisieren:
Eine Bestellungsänderung liegt vor, wenn die Werkleistung verändert wird. Was im Werkvertrag enthalten ist, das ergibt sich aus den technischen Beschrieben, der anwendbaren Widerspruchsregel und den juristischen Klauseln im Vertrag.
Die Frage der Bestellungsänderung ist daher unabhängig von der Preisart zu beurteilen. Eine Bestellungsänderung kann, muss aber keinen Einfluss auf die ausgeführten Mengen oder auf die Kosten haben.
Beispiel: Eine Mauer soll im Vergleich zu den Plänen um 2m versetzt werden. Damit liegt eine Bestellungsänderung vor, selbst wenn daraus weder Mehr- noch Mindermengen entstehen.
Spezialfall: Pauschalpreis ohne Pläne
In der Praxis kommt es zuweilen vor, dass die Parteien entgegen dem Rat der SIA-118 ein Leistungsverzeichnis pauschalieren, ohne entsprechende Pläne zu hinterlegen.
In diesem Fall kann es nach meinem Verständnis nicht zu „schlichten Mengenabweichungen“ kommen, da damit lediglich die Mengen gemäss Leistungsverzeichnis vereinbart sind. Kommt es in der Folge zu Mehr- oder Mindermengen, stellt dies gleichzeitig eine Bestellungsänderung zur vertraglich vereinbarten Leistung dar. Dies läuft darauf hinaus, dass die Parteien die ausgeführten Mengen wie beim Einheitspreisvertrag erfassen müssen, jedoch der Preis pro Einheit unklar bleibt.
Da dies zu erheblichen Rechtsunsicherheiten führt, sollte bei fehlenden Plänen kein Pauschalpreis vereinbart werden.
Fazit
Der Pauschalpreis bezieht sich auf die vereinbarte Werkleistung und zwar unabhängig von den ausgeführten Mengen. Jedoch sind Bestellungsänderungen nicht im Pauschalpreis enthalten. Denn beim Pauschalpreis wird der Preis pauschalisiert, nicht jedoch die Leistung.
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FAQ
Beim Pauschalpreis nach Art. 41 SIA-Norm 118 verpflichtet sich der Unternehmer, die vereinbarte Werkleistung zu einem Festpreis auszuführen. Die Teuerung ist bis zum vertraglichen Abnahmetermin eingerechnet.
Beim Regiepreis wird der Preis nach Aufwand und nach Regietarif abgerechnet. Der Globalpreis ist ebenfalls ein Festpreis über die vereinbarte Werkleistung, jedoch ist darin im Unterschied zum Pauschalpreis die Teuerung nicht eingerechnet. Beim Akkordvertrag sind die „schlichten Mengenabweichungen“ preisrelevant.
„Schlichte Mengenabweichungen“ ergeben sich aus der Differenz zwischen dem Vorausmass und den tatsächlich ausgeführten Mengen. Diese Mengenabweichungen sind im Pauschalpreis enthalten und berechtigen nicht zu einer Bestellungsänderung.
Nein, Leistungsänderungen sind im Pauschalpreis nicht enthalten und erfordern eine Bestellungsänderung. Die Pauschale bezieht sich auf den Preis und nicht auf die Leistung.
Wurde der Pauschalpreis ohne Vertragspläne vereinbart, kann dies zu Auslegungsschwierigkeiten führen.
Der Pauschalpreis ist fest und versteht sich inkl. Teuerung bis zum vertraglichen Abnahmetermin. Bei ausserordentlichen Verhältnissen nach Art. 59 SIA-Norm 118 oder Art. 373 Abs. 2 OR kann der Unternehmer aber unter Umständen eine (anteilige) Mehrvergütung verlangen oder den Vertrag kündigen. Allerdings sind die Anforderungen relativ streng.
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